Ja, es ist eine Gabe, zufällig glückliche und überraschende Entdeckungen zu machen. Schiller braucht dafür einen ganzen Satz, die Engländer, die ja viele glückliche Entdeckungen gemacht haben, während sie in der Welt umhersegelten haben dafür praktischer Weise ein eigenes Wort: Serendipity.
Doch brauche ich die große, weite Welt, um das Glück zu finden? Nein, bei mir ist die Welt zuhause. Und zwischen Syrischer- und Armenischer Straße hat die GESOBAU den Mut, das Dichterwort aus dem Don Calros an die frisch renovierte Fassade zu malen, groß und bunt und zu einer Zeit, wo andernorts Gedichte auf Häuserwänden angeblich der Renovierung zum Opfer fallen. Doch nicht nur Mut und wohlgesetzte Worte machen mich glücklich, sondern auch meine Fähigkeit, das Gekrakel am Ende als die Unterschrift Schillerns entziffern zu können. In meiner Grundschulzeit erlernte ich neben der lateinischen auch noch die „Deutsche Schrift“, die mir später noch als Geheimschrift diente, wenn ich gedankeverloren abfällige Bemerkungen über anmaßende Seminarteilnehmer auf meinen Notzizblock kritzelte. Ja, ja, nicht für die Schule, für das Leben lernen wir.
Und nur eine Häuserzeile weiter hilft mir dieses Wissen, wieder etwas Neues zu entdecken – und wieder etwas Neues zu lernen:
Neuer Spruch, gleiche Unterschrift. Hat Schiller, der alte Schotte, also auch noch den Macbeth geschrieben? Und das auch noch hundert Jahre vor seiner Geburt? Ich erzittere vor dem Genie unseres Dichterfürsten und dem radikalen Beitrag der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft zur kritischen Shakespeare-Forschung. Ich bin verwirrt.
Aber nicht aus meinem Kopf, sondern einen halben Meter dahinter kommen die Worte „Ich kenne noch einen Carlos, nicht den Don Carlos, aber Carlos Castaneda!“ Ich drehe mich um und sehe einen kleinen, stämmigen Mann mit Strickmütze und Felljacke. Er lehnt über dem Lenker seines Fahrrades und lächelt mir wissend zu. Er spricht mit osteuropäischem Akzent, lächelt immerfort und lässt mich wissen, dass viele Pilze die Menschen glücklich machen können, wenn sie nicht so verteufelt würden. Ich erfahre von den Ritualen mit dem Fliegenpilz, der die Hexen habe fliegen lassen und den schamanischen Pilz-Praktiken sibirischer Heiler. Am Ende seines Monologs zwinkert er mir zu: „Ich weiß, dass du ein Symbol des Teufels bei dir trägst. Wirf es fort.“
Nun weiß ich seit meiner Grundschulzeit, dass die Hölle im Keller unserer Schule liegt, dort wo der Turnraum war und ich unsägliche Qualen erleiden musste. Aber dass vom Teufel etwas in meiner Jacke hängen geblieben sein soll, erscheint mir doch befremdlich. „Es ist dein Personalausweis, kärt er mich, sichtlich stolz über sein Geheimwissen, auf. „Halt ihn gegen das Licht, und du wirst das Zeichen des Teufels sehen.“ Und noch bevor ich etwas entgegenen kann, ist er weg. Zufälliges Glück und ewige Verdammnis- so eng liegt das also zusammen. Nachdenklich ziehe ich weiter und komme an meiner alten Videothek in der Müllerstraße vorbei. Glückliche Stunden hat sie mir geschenkt, als ich mir dort Filme mit der schönen Monica Bellucci ausgeliehen habe. Doch auch hier scheint der Teufel sein Unwesen getrieben zu haben. Denn sie sieht jetzt so aus:
Zuerst denke ich, dass der Anwalt aus dem ersten Stock sich ein cooleres Image für die immer stärker werdende englischsprachige Hipster-Community geben möchte. Aber dann lese ich „artspace“ und muss da auf Teufel komm raus rein. Das Glück ist mit den Tapferen sage ich mir und drücke die Klinke.
Es empfängt mich ein Geruch, den ich aus WG-Zeiten kenne. Der Muff von Sperrmüll-Sofas und der käsige Mief von alten Socken, die Mama nicht mehr waschen wollte. Und wie durch einen Zauber scheine ich unsichtbar geworden zu sein. Keiner der handvoll junger Männer, die unkoordiniert im Raum herumlaufen, scheint mich zu sehen. Neben der Eingangstür steht ein karibischer Voodoaltar und in dem vor Blicken geschützen Winkel, in dem früher die Erotik-Abteilung war, ist jetzt die „Voodo-Bar“ eingerichtet. Die Altersbeschränkung scheint aufgehoben.
Ich weiß nicht so recht, was hier passiert und frage ein Mädchen, das aus der Ecke herein gehuscht kommt, ob ich fotografieren darf. „Du, ich weiß nicht,“ sagt sie schüchtern, „ich bin heute den ersten Tag hier.“ Die anderen Typen zu fragen, die mittlerweile auf der ausrangierten Wohnlandschaft flätzen, habe ich auch keine Lust. Ich glaube, denen ist Vieles egal. Mit Kunst hat das hier wenig zu tun, eher mit der Freiheit, alles mal auszuprobieren. Aber dann finde ich doch noch etwas, was mir gefällt.
Ein Experiment mit Noppenfolie. Die unbekümmerte Farbspielerei in der jede Blase einzeln mit Wasserfarbe gefüllt wurde, hat sicher eine Menge Arbeit gemacht. Mich macht sie fröhlich. Schönen Dank.
Für heute hab‘ ich genug Glück beim Finden gehabt. Ich fahr nachhause und hoffe, dass mich da keine Überraschungen erwarten.
… muss da auf Teufel komm raus rein.. – schön! raus rein
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Danke, das sind so Sachen, die einem beim Schreiben selbst überraschen.
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Darf ich das aufklären? Der eine Gingant (Sch.) hat den anderen (Sh.) in Deutsche übersetzt. Das nennt man wohl kongenial….
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Gigant, sollte es natürlich heißen.
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Und „ins Deutsche“. Ich geh nach Hause und hau mich hin… Grippe im Kopf.
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Ist schon rüber gekommen. Ich wünsch dir gute Besserung!
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Sütterlin war auch meineGeheimschrift, mit der ich in meiner Jugendzeit alles, was niemand lesen durfte, täglich und ausführlich in mein Tagebuch schrieb.
Somit bekam ich viel Übung darin und konnte dann auch die später zufällig in einer alten Kiste auftauchenden Briefe von der Front lesen, die mein Vater und seine Brüder geschrieben hatten.
Ich liebe diese Schrift.
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Das ist ja eine eigene Geschichte, die erzählt werden sollte. Vielleicht baust du die Schrift ja mal in eine deiner Personenbilder ein. Mir hat sie übrigens auch geholfen, historische Ausstellungen und Kunst und aus den 20er und 30ern zu verstehen.
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Sütterlin hatte ich bereits in eines meiner Kinderportraits, nämlich in das von „Gerhard“ eingebaut. Im dazugehörenden Artikel erzählte ich ein bisschen darüber, wie und wann und warum ich dazu kam, mich mit Sütterlin intensiv zu beschäftigen.
Magst du mal schauen?
https://roswithageisler.wordpress.com/2015/04/16/gerhard/
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Den Perso habe ich vor Jahren von einem Schamanen in der Oberpfalz unschädlich machen lassen.
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Echt jetzt? Ich hab ja gehört, dass man ihn in Silberpapier einpacken soll, wegen des RFI-Chips, der da drin ist. Damit nicht ungewollt Bewegungsprofile aufgezeichnet werden können. Aber was tut ein Schamane?
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Er machte einige Rituale wollte aber sein Tun nicht preisgeben.
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Schöne Geschichte…wir haben damals als Studenten in Dortmund eine alte zu Dynamit Nobel gehörende Fabrik geentert und als Kunstraum erklärt…wichtig war aber nur die Aktion und das Gefühl : Hey , ist jetzt alles meins und Kunst…die Polizei hatte besseres zu tun (Schalke Fans von BVB Fans zu trennen ) und das Beste war : gegenüber war das Auslieferungslager einer Brauerei….und wir fanden ein Loch im Zaun : Freibier für alle ! ….heute stehen dort Wohnblöcke schön geordnet in Gruppen….
LG Jürgen
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Auch ne schöne Geschichte. Wäre dein Alltag nich schon aufregend genug….
Mittlerweile bin ich in dem Aktionsraum eingeladen. „I hear a smell“ heißt die Performance. Kochen mit Musik 🙂 Mal schauen, was das wird. Kunst muss sein. Freibier auch
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schöne Geschichte, hat Spaß gemacht!
Liebe Grüße Hannah
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Danke, ich hab mal bei dir reingeschaut. Scheint, dass uns die gleichen Dinge umtreiben.
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Ein schöner Bericht über zufällige Entdeckungen, die das Herz erfreuen! Sich einfach treiben zu lassen mit offenen Sinnen kann tatsächlich für Glücksmomente sorgen.
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