…und danke für den Fisch!

Wie ein Fisch im Wasser und trotzdem nach Luft japsend, so komme ich mir gerade vor. Das Foto hat mein Jüngster gemacht, mit dem ich heute im Zoo war. War wunderbar und wahnsinnig zugleich. Aquarien können eine wunderbare Ruhe ausstrahlen, die Balsam für die Nerven ist. Aber wieso treffen sich alle Berliner und Brandenburger Familien am Samstag um 14 Uhr im Aquarium des Zoos? Und warum dürfen sie Kinder in Fahrradanhängern (den doppelt breiten) mit in das Haus bringen? Warum nicht gleich ganze Lastenräder? Und warum gehen sie nicht raus, wenn die Kinder in den Anhängern aufwachen und in der Dunkelheit anfangen zu schreien? Können Fische hören? Leiden sie so wie ich? Ich fühle mich ihnen sehr nahe. Mit weit aufgerissenen Augen alles sehen, aber nichts sagen können.

In der Cafeteria wird der Klangteppich noch durch eine Stereoanlage übertönt. „Muss das sein?“, schreie ich den kinnlosen Mann hinter der Theke an. „Manche beschweren sich, weil es nicht laut genug ist.“, blafft er zurück. Für einen Euro im Trinkgeldbecher schaltet er die Höllenmaschine aus, solange mein Sohn an seiner Laugenbrezel knabbert. Ich weiß nicht, wie wir von den Fischen auf die Goldringe seiner Großmutter kommen, aber Gold scheint ihn zu beschäftigen. Und die Großmutter hat es auf drei Eheringe gebracht. Wer denn die Goldringe kauft, will er wissen. Na der Mann, der die Frau heiratet. Und was bringt die Frau mit, fragt er. Na sich selbst und die Aussteuer. Das ist nicht mehr ganz uptodate. Aber was soll ich machen? Bei 100 Dezibel Schalldruck gehen die Feinheiten etwas unter. Was Aussteuer ist? Na, so Sachen, die man für den Haushalt braucht. Was, empört sich mein Sohn. Ich muss einen Ring kaufen und kriege einen Staubsauger dafür? Es ist nicht einfach heutzutage, den Kindern die Wunder der Liebe zu erklären und sowieso alles einfach etwas viel zur Zeit. Nirgendwo kommt man zur Ruhe.
Drei Tage hatte ich mich über den Frauentag nach Leipzig gerettet. Leipzig, mon amour. Wie viele beglückende Tage und Nächte habe ich hier verbracht? Aber bei meinem Freund rausche ich in das Abschiedsfest der ukrainischen Familie, die er vor ein paar Monaten aufgenommen hat. Sehr rührend, aber eher sehr schwierig mit der Unterhaltung. Das Deutsch ist noch nicht gut, mein Russisch tabu und es ist nicht die Stimmung für Small Talk. Am Abend danach läd mich mein Freund zu etwas ein, das er als „lustige Show“ verkauft, was aber, es ist Frauentag, ausnahmsweise eine Lesung einer lesbischen Autorin ist, die sich mit ihrem Orientierunsschwierigkeiten in der queeren Szene literarisch auseinander setzt. Die Stimmung ist heiter und wir sind auch nicht die einzigen Männer, aber wirklich entspannend ist der Abend nicht. Denn wir sitzen in der ersten Reihe. Hier sollte ich als alter weißer Mann besser nicht an der falschen Stelle lachen. Aber was will ich klagen? Wir finden sogar anderntags noch ein paar Stunden in denen der Schneeregen nicht waagrecht durch die Straßen pfeift und wir mit unseren Rädern dem störrischen Winter eine Exkursion durch unbekannte Orte in den Saaleauen abtrotzen. Waren Sie schon mal in Bad Dürrenberg?
Ganz in der Nähe kommen wir an einer verlassenen Kirche vorbei, auf deren Kirchhof man sich jetzt in einer mystischen nordischen Steinspirale beisetzen lassen kann. Ich merke mir das. Es scheint ein ruhiger Ort zu sein.

5 Gedanken zu “…und danke für den Fisch!

    • Wenigstens weiß ich jetzt, dass du noch lebst. Wenn ich eine Weile nichts von dir lese, denke ich, du hast dir vielleicht doch den Zorn des ein oder anderen Gottes zugezogen.

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