Am Curry 36, Bahnhof Zoo
Ich steh an der Pommesbude und hab kein Geld mehr. Gerade komme ich von meiner Therapeutin und hab‘ ihr diskret meine letzten 100 Euro zugesteckt. In bar, sie will das so. Es war eine anstrengende Sitzung und so stehe ich halb bewusstlos am Wurststand und ordere Pommes rot-weiß, um meine Psyche wieder mit meinem Körper zu verbinden . Erst als der Wurstbräter mir den übervollen Pappteller mit den goldigen Kartoffelstäbchen über den Tresen reicht, zücke ich mein leeres Portemonnaie und es überläuft mich heiß. Mir fällt nichts besseres ein als zu fragen: „Kann ich auch mit Karte zahlen?“ Es ist wirklich die blödeste Frage, die man an einer Curry-Bude in Berlin stellen kann. Sind nicht diese Buden die letzten Orte, in die der Finanzkapitalismus noch nicht seine gierigen Finger reingesteckt hat? Sind sie nicht Treffpunkte des einfachen Mannes, der seinen Lohn noch in der Tüte abholt? Gilt hier nicht das eherne Gesetz: Ware gegen Bares, und das sofort. Ich mache mich auf eine original Berlinerische Kunden-beschimpfung gefasst, so vom Stil „Wat denkense denn wo se hier sind? Im Adlon?“Aber der Wurstmaxe nimmts gelassen. „Was für ne Karte ham se denn? fragt er einfühlsahm. Ah Postbank?, Na denn geht ja auch Deutsche Bank. Da ist ein Automat gleich um die Ecke, aber jetzt essen se erstmal ihre Pommes, die werden sonst kalt.“
Guten Abend Berlin, du kannst so herrlich sein!