Ich bin zum 60. Geburtstag meines Studienfreundes eingeladen. Großes Fest auf dem Land, in einer alten Scheune. Das ist schön.
Walter wusste immer zu feiern. Guter Wein, gutes Essen. Ein Liebahber Italiens. Toskana-Fraktion aus vollem Herzen. Ihm und seinem Auslandssemester in Bologna verdanke ich die Erinnerung an ein schwereloses Abendessen unter Lampions, irgendwo an einer alten Bahnstation, eine schöne Frau war auch dabei, wie immer bei Walter. Das war ziemlich nahe dran an „La dolce vita“.
Und Walter konnte kämpfen. Genießen und politisch kämpfen. Ende der 80er war diese Kombination zwar schon ein wenig aus der Mode. Aber Walter war ja schon 30 als er anfing zu studieren, ich 26. Degenhards Lied „Komm an den Tisch unter den Pflaumenbäumen“ kannten nur noch er und ich. Gewerkschafter wir beide. Haben Kliniken bestreikt und Hörsäle – schön wars.
Jetzt ist er erfolgreicher Anwalt. Verdient sein Geld mit Betriebsräten. Hat ein Haus in Südfrankreich, zwei gut geratene Kinder und eine Wampe. Er steht immer noch auf der richtigen Seite, keine Frage, aber da hat er sich gemütlich eingerichtet.
Was schenkt man so einem Weggefährten nach so vielen Jahren?
Sein Weinkeller ist voll, Grappa hat er auch zu viel und für was Hippes aus Berlin ist er zu alt. Zu seinem 50. habe ich ihm ein Straßenkämpfer-Set geschenkt: eine gute Flasche Wein, einen Pflasterstein aus Berlin und ein ölgetränktes Tuch -damit er nach dem Genuss gleich was hat, um einen Molotow-Cocktail zu bauen. Ginge heute nicht mal mehr als witzig durch.
Nee, Walter hat genug von allem. Soll er ruhig mal was abgeben.
Ich auch. „Hoch (Pause) die (Pause) internationale (Pause) Solidarität – so wird das doch noch heute skandiert. Also hab ich eine Flüchtlings-Initiative in seiner Stadt ausfindig gemacht und die Spedenquittung mit einem Gedicht in einen Umschlag gesteckt.
Das Gedicht darf jeder frei nutzen, der auch noch einen alten, saturierten Kampfgenossen zu seinen Freunden zählen darf . Doch, echt, da teile ich gerne.
Was schenkt man jenen, die alles haben?
Gesundheit, Haus, zwei Kinderlein,
sogar noch Lust nach all den Jahren
Lässt man da das Schenken sein?
Ach, was soll ich dir nur schenken?
Echt, es fällt mir gar nichts ein
Ein bisschen Gras, etwas zum Trinken?
Doch das genießt nur du allein.
Du sagst: Verdirb dir nicht den Abend
Dein Kopf wird schwer, es ist schon spät
Gib was für die, die wenig haben
Hoch die Solidarität!
Ach ja: Auf dem Fest stand dann eine Spenden-Box für „Ärzte ohne Grenzen“.
So isser halt, der alte Walter.
Das ist eine sehr gute Idee!
Liebe Gruesse Monika
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Feel Free!. Meinem alten Kämpfer hat’s gefallen.
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