Einmal noch ans Wasser, solange noch Sommer ist. Mittelmeer oder Ostsee war dieses Jahr nicht drin. Aber zum Plötzensee will ich es noch einmal schaffen -mit den Jungs. Also früher weg von der Arbeit, die Jungs aus der Kita befreit und quer durch den Park zum Strandbad. Ist eigentlich wirklich nicht weit. Warum haben wir es dieses Jahr nur ein Mal gemacht? Lief nicht gut, der Sommer.
Die Schatten fallen schon lang auf den Sand, als wir ankommen. Sonnenöl können wir uns sparen. Trotzdem rein in die Badehosen. Die Jungs erinnern sich noch an jedes Detail unseres letzten Besuchs vor drei Monaten. An die hohe Rutsche, die sie sich damals nicht trauten. Sie trauen sich auch heute nicht. Aber sie sind vor mir im Wasser, und nicht mehr raus zu kriegen. Wenigstens das hat sich geändert.
Wind kommt auf, die Kinderlippen werden blau. Schnell raus, sonst haben sie morgen Husten und ich Ärger mit der Mutter. Trockenrubbeln zwischen Frottetüchern, Fangen spielen zum Aufwärmen. Dann ein Eis für jeden. Eis im Schwimmbad: meine Erinnerung an Kinderglück, vielleicht irgendwann auch ihrs. In der verlassenen Strandbar gibts einen Kaffee für mich. Ein stolzer Seeräuber mit gegerbter Haut und wuchtiger weißer Mähne reicht mir die kleine, schwere Tasse. Auf einmal bin ich weit weg. Irgendwo im Süden. Wir lassen uns in Liegestühle fallen. Die Jungs turnen drauf rum und juchzen „Schaukelstuhl, Schaukelstuhl“. Die Haut riecht nach Sonne und Wasser. Südamerikanische Tanzmusik, nicht zu laut, nicht zu leise. „Die Musik will ich immer hören,“ jubelt der Jüngere. Langsam ziehen die startenden Flugzeuge aus Tegel von links unten nach rechts oben durch mein Panorama. Vielleicht wird doch alles gut.
Auf dem Rückweg sammeln wir die ersten Kastanien.
Alles wird gut. Es dauert nur manchmal.
Ein schöner Text, der den Tag schöner macht. Sowas will ich immer lesen.
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Danke! Auch mir hat der Text den Tag schöner gemacht. Fühl mich gerade traurig, aber schön traurig.
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Das ist der Schmerzjubelblues. Den kenn ich.
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Schönes Wort 🙂 Hast du den auch gerade? Wenn ich dein „gone“ lese, möchte ich es fast glauben.
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Das ist schon weit mehr als Schmerzjubel, was ich derzeit erlebe. Das ist Trauer. Ich habe etwas sehr wertvolles verloren.
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Das ist bitter. Also doch keine Fiktion. Ich bin bei dir.
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Ach, die Erlebnisse, von denen wir im Erleben nicht wissen, daß sie mal wichtige Erinnerungen werden. Das ist ein schönes Geschenk an die Jungs, und gut gegen Seelenerkältungen.
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Ja, ich hoffe, sie nehmen diese Stille mit in sich auf. Heute Abend haben wir aus den Kastanien einen Tiger gebastelt. Hätte schön sein können. Aber beim Zähneputzen war schon wieder großes Geheul.;-)
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Der letzte Satz … so ein schöner!
Ebenso wie der ganze Text.
Ich sage ja: Es wird Herbst, hurra!
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Danke, tut gut.
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Vielleicht eine Erinnerung.
Ein Duft, ein Gedanke, ein Lachen…
für immer im Gedächtnis.
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