Quelle: Spiegel online.de
Ich kann’s nicht glauben. Eine Berliner Hochschule lässt sich durch Druck der Studierenden dazu bewegen, ein Gedicht von einer Wand zu entfernen, weil es nach deren Ansicht sexistisch ist. Haben die Professoren nicht das Rückgrat, die Freiheit des Wortes und die Freiheit der Kunst ihren Studierenden beizubringen und zu verteidigen?
Das Gedicht ist schön, es ist formal perfekt und es handelt von Frauen, Blumen und einem Verehrer. Ist das heute schon ein Vergehen? Ist das der Geist, der heute an unseren Unis herrscht? Was kommt als nächstes? Gehen die Studierenden in die Bibliothek und reißen alle Bücher raus, in denen das Wort „Frau“ in Verbindung mit „Verehrer“ gedruckt steht? Und ich dachte, unsere Freiheit wird fremdländischen Terroristen bedroht, von engstirnigen Radikalen, die sich die Welt nach ihrer Lesart der heiligen Bücher machen wollen.
Wenn diese Studierenden die künftigen Erzieherinnen und Sozialpädagogen werden, dann bitte ich doch vor der Einstellung um einen Gesinnungstest, damit sie meine Kinder nicht mit ihrer engen Weltsicht vollsülzen dürfen.
Wenn ich bei Facebook wäre würde ich jetzt einen Hashtag aufmachen, in dem man Beispiele der neuen Prüderie und der Gesinnung posten kann. Und ich möchte dann unter jeden drunterschreiben, dass diese Sittenwächter nicht in meinem Namen schreiben: #notme
Ich hatte erst überlegt ob ich auch was dazu schreiben soll. Das Wort „Verehrer“ ist erstens nicht diskriminierend an sich, zweitens versteht nicht jeder die Textsprache (und schon deshalb viele die [meines Erachtens nach künstliche] Aufregung nicht) und drittens: Bin ich die einzige, die das Gedicht so liest, dass der Verehrer sich auf die Alleen und/oder Blumen oder das Gesamtbild bezieht und eben nicht auf ausschließlich die weiblichen Flanierenden?
Ganz abgesehen davon steht das Gedicht nicht erst seit vorgestern da an der Wand und war bis zu dem Hashtag kein Problem, oder?! Kann natürlich sein, dass ich etwas nicht mitbekommen habe.
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Ein kleiner Denkanstoß:
Ist nicht ein Groupie eine Verehrerin? Wie wird von denjenigen, die das Gedicht entfernen wollen, dieser Umstand gesehen? Und wie soll mit den Groupies, also den weiblichen Verehrerinnen, künftig verfahren werden?
Mir als Frau gefällt es nicht, dass das Gedicht entfernt wird. Ich bin entsetzt, welche Ausmaße das alles annimmt.
Unter Emanzipation verstehe ich etwas anderes.
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… und wenn ich dir ein ‚Gedicht schriebe, in dem ich gestehe, dass ich ein Verehrer deiner Blumen(bilder) bin, würdest du es auf mutig auf deine Hauswand malen 😉
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😉 Genauso und nicht anders!
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[…] schreiben sollte und mich letztlich auch aus Zeitgründen dagegen entschieden. Pantoufle und eimaeckel widerum haben das jeweils gut getan. [Ja, liebe Geschlechtsgenossinnen, ich weiß, dass ich bei […]
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[…] wir das Thema schon bei Astrid Lindgren , Michael Ende und anderen hatten. Kleiner Nachtrag: Bei KafkaOnTheRoad, der sich ebenfalls dem Unglück widmet, steht ein bedenkenswerter Absatz, den ich gerne zitieren […]
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Engstirnige Auslegung – aber – die Inschrift im Hof vom Bundestag: dem deutschen Volke – war auch nicht ohne Diskussion.
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… und VolkInnen?
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Hinter den drei Worten stehen ja – unter anderem – auch ein 1000-jähriges Reich. Es ist übrigens nicht der Bundestag, Sondern der Reichstag – Plenarbereich des Deutschen Bundestages. Auch hier hätte ich eine eindeutige Entscheidung wider die Ewiggestrigen bevorzugt.
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@Einmaekel
»Dem deutschen Volke«… da aber steht weitaus mehr dahinter als 12 Jahre Faschismus. Und seien es nur die 15 Jahre der Weimarer Republik, deren Erbe es war, den Volksbegriff aus einer weit längeren Tradition aus Gottgnadentum von Königen und Kaiser in die Neuzeit zu überführen. Und gleichzeitig gegen die reaktionären Kräfte dieser Zeit zu bestehen. »Dem deutschen Volke«: Das steht auch über dem Eingang eines Parlamentes, das zur Kaiserzeit errichtet wurde; letztlich für den Parlamentarismus an sich. Es ist eben für das Volk und nicht für die Herrschenden. Es ist unsere Sache, was wir daraus machen – und was man nicht beginnen sollte, ist, das selbe schale Spiel wie Studenten von der Gegenseite zu betreiben.
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Edit: Es gibt hier keine Editierfunktion. Meint: Wie die Berliner Studenten gegen das Gedicht an der Uni
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Mich graust, was alles miteinander verknüft wird. Als Frau der 68er- Generation fand ich Anmache und schlüpfriges Witze- erzählen widerlich, konnte mich aber immer wehren. Und ich genoss die neuen Freizügigkeiten, die damals begannen. Meine Kinder durften noch nackt im Hof planschen, vieles wurde von uns als Protest gegen die Kriegsgeneration gesehen. Nun ist es wieder soweit: „Die Tintenfische vom dritten Stock“, damals eine Kinderserie im TV, habe ich der 9-jährigen Enkelin gezeigt. Sie konnte nicht verstehen, wie die Kinder dort rumliefen.
Ich denke, die Freizügigkeit haben wir dem Kommerz geopfert, Werbung und Filme wurden immer sexistischer, und die Menschen gleichzeitig immer prüder. Welche Gedichte sollen noch verboten werden?
Nicht vergessen das „Hohelied der Liebe“ in der Bibel.
Frauen, wenn ihr Angst habt, lernt euch verteidigen, mit anderen Frauen und Männern, bringt euch nicht in Gefahr, wehrt euch immer! Wenn der Chef einen anmacht, kann frau es seiner Ehefrau zu sagen, war mal sehr wirkungsvoll.
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Die Frage ist: Wer hat den Mut, sich gegen den Flashmob zu stellen? Sehr schnell wird man als Sexist oder Nazi denunziert. Wer kämpft für ein Gedicht? Wir schütteln die Köpfe und warten auf die nächste Eskalation der Tugendwächter.
P.S.: Die Inschrift „Dem deutschen Volke“ stammt aus dem Jahr 1916. Die Debatte über diese Inschrift und die zu verwendende Schriftart begann 1894. Flughafendimensionen …
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Aber die Debatte war ein Erfolg der Demokraten. Denn „dem Volke“ hieß eben allen Bürgern und nicht dem Kaiser oder dem Adel.
Und ach, wenn’s beim BER nur der Name wäre… Meinst du er würde funktionieren, wenn er „Franz Josef Strauß“ hieße? 😉
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„Hans Rosenthal“ fände ich gut. Der war aus Berlin. Dann ginge es „Dalli Dalli“ mit der Eröffnung. Notfalls ginge natürlich auch „Andy Bonetti“.
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😉
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Ja, ich bin auch entsetzt, das soetwas passiert. Ich glaube aber, dass es durchaus einen Unterschied macht, ob da Verehrer oder Bewunderer steht, weil es nicht dasselbe ist. Habe selber heute einen Text über diese Gedichtsproblematik geschrieben:
https://scarlettheredsite.wordpress.com/2018/01/25/du-bist-schoen-kompliment-oder-boeser-sexismus/
LG Scarlet
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So wie ich die Berichterstattung, in verschiedenen Medien verstanden habe, hat das Stupa das beschlossen und gleichzeitig, das die Wand, alle 5 Jahre neu gestaltet werden soll, mit einem anderen Schriftzug, es geht also auch um viel Geld. Gleichzeitig ist es aus technischen Gründen, so es nicht Murks am Bau gibt, sinnfrei und teuer, eine Fassadenwand in so kurzen nicht nur zu streichen, sondern auch mit einem Schriftzug zu versehen.
Über langfristige Mittelbindung kann eine Stupa viel beschließen, Wirkung hat das nicht dachte ich, so war das in meiner Stupazeit. Aus familiären Gründen sprach ich gestern mit einer Präsidentin, ich habe sie gefragt, sie sieht das auch so.
Es wird also noch viel Wasser durch die Spree fliessen …
Ich muss gestehen, in meiner Stupazeit, so etwa vor meinem halben Leben, wusste ich „viel besser“, was politisch „einzig richtig“.
Mein Weg, die Perspektiven anderer überhaupt sehen zu wollen hat viele Elternteile. Literaturwissenschaft gehört genauso wie Psychotherapie dazu, Lebenserfahrung, erleben von Veränderungen und vieles mehr.
Was mich viel nachdenklicher stimmt: Ich erlebe gerade ein gesellschaftliches Klima, in dem auf aus ganz vielen Ecken die Frage, was richtig oder falsch versucht wird mit ja oder nein zu beantworten.
Auch hier: Ich brauchte Übersetzungen, um zu verstehen, habe mehrere gefunden und lese verschiedene Deutungsmöglichkeiten.
Die Frage, wie das Gedicht sich deuten lässt, habe ich in der Berichterstattung noch nicht gefunden und würde mich über Mitteilen freuen, wenn wer was gefunden.
Zu guter Letzt: Ist in der auferegten Debatte schon mal aufgetaucht, was meinerzeit Schulstoff: Das lyrischer ich ist mit dem Ich der Schreibenden Person nicht identisch.
Meine Bitte, versucht egal wie ihr lebt und liebt, hetero oder queer ( Wer das nicht kennt? Ich lade ein zur Nutzung einer Suchmaschine.) den text noch einmal anders zu lesen. Z.B. Es spricht eine Frau.
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Moin kaethemargarethe
»Die Frage, wie das Gedicht sich deuten lässt, habe ich in der Berichterstattung noch nicht gefunden und würde mich über Mitteilen freuen…«
Bei Deutschlandradio Kultur gibt es einen Artikel, an dessen Ende ein Audio-Stream abrufbar ist. Vielleicht hilft Dir der weiter.
Gruß,
Pantoufle
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Danke
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Da ja man nich für.
Wenn’s Dich interessiert: Die Süddeutsche hat’s noch richtig wissenschaftlich.
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Es ist wohl die Stimme der Vernunft
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@ #MeToo:
»Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?«
Ein plumperes Beispiel für sexistische Anmache wird sich in der Weltliteratur kaum finden lassen – man sollte solch ein Machwerk auf den Index setzen, oder zumindest komplett aus dem Literaturkanon streichen.
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[…] dem Don Calros an die frisch renovierten Fassaden zu malen, Groß und bunt und zu einer Zeit, wo andernorts Gedichte auf Häuserwänden angeblich der Renovierung zum Opfer fallen. Doch nicht nur Mut und […]
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Da ich nicht „bei Facebook“ bin, entfällt der empfohlene „Hashtag“ von selbst. Und falls ich dort ein Konto hätte, würde es auch keinen Unterschied machen,, sondern im Strom der Timeline verschwinden. (Dies als Kommentar zu einem Post, welches schon gut zwei Monate alt ist. Konkret: kratzt das noch jemanden, also die Leute die sich jeden Tag auf den so genannten Social Media einloggen? Eben drum.)
Dann schon lieber das Gedicht im eigenen Weblog posten, nur um an etwas zu erinnern, das dem Wahn eines hysterischen Sprachgouvernantentums zum Opfer gefallen ist.
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Hi philgeland, „Sprachgouvernantentum“ finde ich sehr treffend.
Dein Post war aus welchem Grund auch immer im Spamordner gelandet.
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