Gerade habe ich die sanft nostalgische und schön doppelbödige Postgeschichte von Matthias Engels gelesen. Und ich erlaube mir hier, diese Geschichte in die Gegenwart zu verlängern. Es ist ein Beitrag, den ich schon mal vor drei Jahren gepostet (sic!) habe. Aber weil ich nicht weiß, wie „rebloggen“ geht, habe ich ihn einfach kopiert und drücke jetzt auf „Veröffentlichen“. Viel Spaß:
Ich spiele mit meinen zwei Jungs vor dem Haus. Sie sind bald drei Jahre alt und wollen wissen was es alles in der Welt gibt und wie es heißt. Der Postbote kommt auf seinem gelben Fahrrad. „Das ist der Postbote“, sage ich, „der bringt die Briefe.“ Der Mann von der Post hat gute Laune und spielt mit: „Sagt mal: Guten Tag Herr Postbote, hast du einen Brief für mich?“ Ganz beeindruckt von der Respektsperson in gelb und schwarz echot es brav unter mir: „Hast du einen Brief für mich?“ Wir bekommen unsere Briefe, und das Vaterherz füllt sich mit Rührung. So soll es sein: Freundliche Briefträger mit viel Zeit scherzen mit fröhlichen Kindern, verabschieden sich mit einem Lächeln und radeln davon. So war es immer, so wird es immer sein. Ich bin sicher, der Briefträger rangiert im Weltbild der Kinder jetzt gleich hinter dem Weihnachtsmann. Da rumpelt ein klappriger Lieferwagen vor uns auf den Bürgersteig, bremst hektisch und stellt sich quer. Der gelbe Lack ist verblichen und glänzt nur da, wo früher das DHL-Logo klebte. „Das Paketauto“ jubeln meine Jungs kundig. Die Tür fliegt auf, und mit zwei Paketen unter dem Arm hetzt ein bärtiger Mann aus dem Laderaum. Es ist der arme, selbstständige Vetter des Postboten, einer, der „Service im Auftrag von DHL“ leistet, wie es das Schild in der Beifahrertür wissen lässt. Er sieht uns und die großen, erwartungsvollen Augen der Kinder. „Ich hab nichts für euch“, schreit er uns auf zwanzig Meter Entfernung an und verschwindet im nächsten Hauseingang.
Morgens, halb 10 in Deutschland.
War vor drei Jahren schön und ist es jetzt auch noch.
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Danke 🙂
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Wer nichts bestellt bekommt auch nichts. Bei uns freut sich der bärtige Mann, das wir die „kleine Poststelle“ für die Nachbarn betreiben….
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Oh, das stimmt. Leider habe noch keinen Paketboten getroffen, der Zeit für einen Schwatz oder ein paar Nettigkeiten für die Kinder gehabt hätte. Es ist eine Schande, wie die sich abrackern müssen.
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Bei uns kommen zwei, einer von der gelben Post, einer von der blauen Citypost. Ich hab mal recherchiert. Er verdient ein Drittel weniger als sein gelber Kollege – für die gleiche Arbeit – und muss noch die Briefe zuhause sortieren, arbeitet also länger. Die Schande, die du oben konstatierst, betrifft den gesamten Billiglohnsektor. Dort ist keine Zeit für Kinderpost-Romantik. Unser blauer Postbote tut mir so leid. Bei Wind und Wetter macht er Pause auf dem Spielplatz bei mir nebenan, trinkt Kaffee aus der Thermosflasche und mampft ein Butterbrot, derweil seine Kollegen von der Deutschen Post auch schon mal in der Bäckerei einkehren. Vor allem hat der Mann ja keine Perspektive, wird sich nie leisten können, eine Familie zu gründen und wenn doch, zeugt er seine Kinder in die Armut hinein.
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Vor ein paar Tagen bin ich dem Postboten hinterher gelaufen und das kam so: Ich war Zuhause und es klingelte. Ich dachte: Oh, die Post, drückte auf den Türöffner und … nichts passierte. Ich zog mir schleunigst die Schuhe an und rannte runter, durch die erste Tür, die zweite und … nichts. Kein Postbote weit und breit. Also ging ich wieder zurück ins Haus, schaute ob es eine Nachricht im Postkasten gab … nichts. Am nächsten Tag kam ich gerade vom Einkaufen nach Hause, als er eine Hausnummer weiter unterwegs war. Ich bin dann gleich zu ihm hin. Er hätte am Vortag keine Zeit gehabt und sei deshalb eilig davongeradelt, meinte er (der Postbote). Während wir uns unterhielten, flogen zwei Autos heran, eines von DHL und noch ein Paketdienst, den ich nicht ausmachen konnte. Ich sprach ein paar Sätze mit dem Postboten. Am nächsten Tag klingelte es. Ich drückte auf den Türdrücker und hörte, dass jemand im Flur stand: Der Postbote vom Vortag, war extra bei mir an die Tür gekommen, um mir einen Brief zu geben. Kein Nachporto, keine Unterschrift notwendig. Er stand einfach an der Tür und gab mir den Brief, lächelte und sagte Tschüß. 🙂
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Danke für die Geschichte. Ich hoffe es geht bei euch nicht aus, wie bei „Wenn der Postmann zwei mal klingelt“. Vielleicht hast du Glück und es ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Ein Gentleman, der sich Zeit für dich nimmt – wo hat man das denn heute noch?
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oje, wie endete das denn?
ich fands jedenfalls eine nette geste.
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Das war eine Eifersuchtsgeschichte. Tödlich und traurig.
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