Vier lange Jahre hat es mich begleitet, mein kleines, unauffälliges, absolut unsmartes Telefon. Stets war es mir zur Hand, wenn es schnell gehen musste: Ein Foto, eine wichtige Nachricht von der Liebsten, ein kurzer Anruf über den notwendigen Einkauf. Und lässig glitt es zurück in meine Hosentasche, wo es nur wenig beutelte. Ich liebte es, vom ersten Moment, als ich es im Laden sah. Es hatte ein Radio und eine Taschenlampe! eingebaut – Das war für mich wichtig. Jungs-Spielzeug.
Es gab damals schon iPhones bei meinen Kollegen, die daraufhin durchdrehten, und mir die schwarzen Flundern unter das Gesicht hielten, auf dass ich staunen solle- und ich staunte, aber ich wollte keins. Mein kleiner handlicher Kasten hatte alles, was ich brauchte – und einiges, von dem ich nie dachte, dass ich es brauchen würde und von dem ich dankbar überrascht wurde. Immer hatte ich es sofort zur Hand, wenn es sich brummend an meinem Schenkel meldete. Es gab mir Sicherheit, denn ich wusste nach einer Weile was es mir alles anbieten konnte, es verstand sich mit meinem Computer, tauschte lustig Bilder und Musik aus – und verzieh mir auch das ein oder andere Mal, wenn es mir aus der Hand rutschte. Natürlich machte es sich dann ein bisschen wichtig; flog mit lautem Getöse in drei Teile, sodass ich jedes mal dachte: Oh Gott, wird es das jemals überleben? Aber nach dem großen Auftritt war es mir wieder gut, ich baute Batterie und Deckel sorgsam wieder ins Gehäuse und der Startbildschirm meldete sich wieder mit dem vertrauten Ton.
Und jetzt? Jetzt ist es weg, weg! Und ich bin wieder allein, allein.
Ich denk ja immer, alles ist für ewig, bleibt ewig, funktioniert ewig und gehört zu mir. Deshalb kann ich mich von Sachen die mich begleiten auch nicht trennen. Höchstens durch eine unbewusste Dummheit. Diesmal war’s der Reißverschluss an der Außentasche meiner Motorradhose. Ist der nur halb zu ist er auch halb auf.
Ich war morgens mit bester Laune auf meine Guzzi gestiegen, hatte das Handy in die Tasche gesteckt. Aber weil ich mich geärgert hatte über seine Bockigkeit, mit der es sich an dem Morgen weigerte hochzufahren, hatte ich es nicht mit Liebe und Sorgfalt verstaut und war unter blauem Himmel durch den Harz gebrettert. Und als ich unterwegs in die Tasche griff, um ein Foto zu machen, war die Tasche leer. Ich tröstete mich noch, dass ich es sicher zu Hause habe liegen lassen, aber am Abend fand ich mein Zimmer trostlos leer. Hoffnung half mir durch die Nacht. Am Morgen lief ich zwei Kilometer an der Straße entlang und starrte links und rechts in den Straßengraben, weil ich immer noch nicht glauben wollte, dass mein Gefährte mich wirklich verlassen hatte. Da brach ein gleißender Sonnenstrahl durch die Bäume und erleuchtete mein Gesicht. Das himmlische Zeichen sagte mir: Beende deine Suche, du hat mehr als genug getan. Dein Handy ist nicht mehr, aber du bist frei von Schuld und darfst dir ein neues kaufen. Danke, Gott – und sag ihm nicht, dass ich jetzt ein iPhone hab.