Samstagabend, kurz vor Ladenschluss. Die dicke schwarze Frau mit dem Kinderwagen und ich sind die letzten Kunden im dm-Drogeriemarkt Müllerstraße. Ich suche Windeln und sie etwas zu Essen für Ihr Baby. „Do you speak English?“ wendet sie sich nach ihrer erfolglosen Irrfahrt durch die Gänge an die Verkäuferin. „I will try“, antwortet die freundlich. „Babymilk, Aptamil please.“ „No Aptamil, perhaps monday“, radebrecht die Verkäuferin zurück. Die Mutter zuckt resigniert die Schultern und schiebt ihr Kind hinaus in die Nacht. Eine afrikanische Mutter mit einem hungrigen Kind wird weggeschickt. Ich wittere latenten Rassismus wenn nicht Schlimmeres und stelle die Verkäuferin zur Rede: „Wieso haben Sie der Frau kein Aptamil mehr verkauft?“ „Weil wir keins mehr haben. Es gibt bestimmte Bevölkerungsgruppen, die kaufen alles auf was wir herein bekommen und schicken es in ihre Heimat.“ „Und wo ist diese Heimat?“, frage ich. „Na in China. Da gab es vor Jahren einen Babymilchskandal, seither kaufen die hier alles auf und schicken es nach Hause. Wir haben schon versucht es einzuschränken und haben nur noch drei Packungen pro Person verkauft. Aber dann kamen sie einfach fünfmal am Tag.“ Nachdenklich stopfe ich die Windeln in meine Packtaschen und mache mich auf den Heimweg. In Berlin müssen afrikanische Kinder hungern, weil in China die Eltern dem Babymilchpulver nicht mehr trauen können. Bisher dachte ich, dass die Globalisierung alle Waren dieser Welt in die reichen westlichen Länder schaufelt. Ich hatte ein schlechtes Gewissen dabei, aber war doch froh, dass im Supermarkt die Regale immer voll waren. Jetzt beginne ich zu ahnen, wie sich Afrikaner fühlen müssen.
PS: Inzwischen hat die Firma Aptamil reagiert und einen Notruf für Mütter eingerichtet, die vor leeren Regalen stehen. http://www.aptawelt.de/warenverfuegbarkeit