Muss mal wieder zum Friseur. So verstrubbelt wie ich die letzte Zeit aussehe, so mit grauem Bart und mit meiner verknautschten Jacke drückt mir sonst in der U-Bahn noch jemand einen Euro in die Hand. Außerdem will ich mir heute Abend noch was Gutes tun. Der Tag war zäh und schlecht geschlafen hab ich auch. Salon Almyria hat bis um achte auf, das schaff ich noch. Es erwartet mich der finster dreinblickende Chef und sein hochgewachsener Gehilfe, der immer ein bisschen ungelenk und dümmlich in der Gegend herumsteht oder mit dem Handy spielt. Aber anscheinend ist er aufgestiegen, denn Haare muss er nicht mehr auffegen. Das übernimmt heute ein Neuer, ein Knabe mit lockigem Haar, nach dem Thomas Mann sich verschmachtet hätte.
Keiner nimmt mich wahr, keiner grüßt mich und ich setze mich verdruckst aufs Besuchersofa. Der Chef würdigt mich keines Blickes und es ist klar warum. Vor vier Wochen habe ich seinen Laden auf den Kopf gestellt, weil ich dachte, dass ich mein Hörgerät bei ihm verloren hätte. Die Dinger kosten 1300 Euro das Stück, da darf man schon mal ein bisschen unverschämt sein und unter die Frisiertische schauen, in die Scherenhalfter und unter das Schaiselong. „Is hier nicht“, vertrieb er mich endlich „hast du draußen verloren.“ Hat er wohl recht gehabt. Jetzt hab ich ein neues, hat die Kasse auf Kulanz gemacht. Habe ich aber vorsichtshalber ausgezogen, bevor ich in den Laden kam, aber der Chef ist trotzdem sauer. Und so bleibt nur der linkische Lulatsch, der mich mit einer unsicheren Geste auf seinen Stuhl winkt. Ich bin nicht gerne bei ihm, denn er redet nicht viel und selbst die „Oben Stufe 9, Seite Stufe 6“-Standardanweisung kommt bei ihm glaube ich, nicht so ganz an. Und mit Bart wird es ja noch komplizierter. Aber er schnippelt beherzt los, bis ich ihm bedeute, dass ich den Bart deutlich kürzer haben will. „Stufe?“ fragt er mürrisch und ich zucke die Schultern. Der Chef wüsste was zu tun ist und ich bin nicht zum Reden hier. Ohne weitere Fragen nimmt er sein größtes Gerät und raspelt grob an meiner Manneszier. Dann figarot er noch ein bisschen mit dem Rasiermesser in den Ecken und weil er mit seinen Anweisungen ein bisschen lahm ist, hab ich mich zu langsam gedreht und ratsch, hat er mir einen Schmiss auf die Wange produziert. Na wunderbar! Wollt ich schon immer haben. „Wie weiland Bursch zu Heidelberg.“ Als wär nix gewesen kramt er nach dem Alaunstift und ätzt ein wenig an der blutenden Stelle herum. Na wenigstens entschuldigen hätt er sich können. Aber nix. Er schweigt. Und weil ich ihn jetzt für den letzten Deppen halte, sage ich jetzt sehr deutlich, was ich von ihm will. Die Augnbrauen noch und die Ohren. Ohhh, oh, das hätt ich besser sein lassen. Den schon hat er eine Klemme mit einem dicken Wattebausch in der Hand, den er reichlich mit Rasierwasser tränkt. Er fummelt sein Feuerzeug aus der Hosentasche und schon brennt das ganze wie ein Molotowcocktail bei der letzten Intifada. Ich erstarre, er wirbelt mit der Frisörfackel um meine Ohren, es knistert und stinkt nach verbrantem Haar, aber, oh Wunder, die Ohren sind noch dran. „Feuerwerk!“ grinst er gutmütig und übergießt alles was an Haaren an mir dran geblieben ist großzügig mit Rasierwasser.
Na, insgesamt hat er alles ganz gut hingekriegt, denk ich als er mit dem Spiegel hinter meinem Kopf herumtanzt. Trinkgeld ist drin, trotz des Kratzers. Er lächelt mich freundlich an, schiebt die Kasse zu und will mir noch was Nettes mit auf den Weg geben. „K kkalt ist es heute, nn icht?“ Oh Gott, der arme Kerl stottert. Wahrscheinlich kommt er auch auf Arabisch nicht zu Wort, bei dem grantigen Chef. Na, da tut er mir jetzt schon ein bisschen leid. Aber das hätt er doch auch vorher sagen können.
Andere schlagen sich darum.
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😉
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Endlich einer der mit Feuer und Messer richtig umgehen kann. So ein Schmiss im Gesicht soll ja sehr männlich wirken.
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Ach, von wegen männlich. Keine meiner Kolleginnen hat auch nur gesehen, dass ich frisch frisiert bin. Aber die Show gestern war es wert.
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😄😄😄😄Diese Frisör-und-Barbier-Kombinate sind meistens rappelvoll mit arab. Männern. Jetzt weiß ich warum: Das ist für die sowas wie eine Reality-Soap😄
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Oualla, Schwester!
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Wieder lustig geschrieben! Aber ich würde dir doch zu einem anderen, freundlicheren, Friseur raten, auch wenn man dir keine Tonsur geschnitten hat, wie ich hoffe.Es sei denn, du bist insgesamt doch zufriedne so und so klingt es ja. In einer Pariser Passage habe ich mehrere Friseurgeschäfte gesehen, die mal von Arabern, mal von Schwarzafrikanern, mal von Indern geführt wurden. Köstlich, durch die Scheiben zu gucken.
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Reingehn!
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Na ja, die waren offensichtlich nur für männliche Kunden…
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Vielleicht besser Mensur als Tonsur, oder?
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Die Tonsur hat sich seit ein paar Jahren von selber eingestellt. 😉 Ein Zeichen des HERRN?
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Jedenfalls ein Zeichen der Männlichkeit.
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Vor einiger Zeit war ich in Wolfsburg zu Besuch und schaute bei so einem Bangla-Barbier ins Fenster. Offiziell war der für alle Geschlechter, aber als der Ober-Bangla, der gerade einen Bart zurecht-tetrisste, mich am Fenster bemerkte, warf er mir einen derartigen Glühaugenblitz 👁️👁️💥👁️👁️💥👁️👁️💥zu, dass ich dachte: Da muss ich rein, der braucht unbedingt eine weibliche Kundschaft, damit andere Frauen es sehen und sich mal wieder in seinen Laden trauen😄😄😄
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Die Braut, die sich traut. Respekt!
Ich hab inzwischen erfahren, das Mensur tatsächlich auch arabisch eine Bedeutung hat. Es heißt: Der Siegreiche (durch die Hilfe Allahs). Das steck‘ ich mal den Burschenschaftlern 😉
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Tu das nicht, man darf die Mohammethodisten nicht zu stolz auf ihren mittelalterlichen Einfluss auf Europa machen, diese Männer haben zuweilen Eroberungsphantasien (vgl. Erdo), die ihr Feuer daraus beziehen, dass ihnen hierzulande sehr wenig des gleichen Stoffs entgegengesetzt wird🙂
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